Seit 2018 untersucht der Demokratie Monitor einmal pro Jahr, was die Menschen über das politische System in Österreich und die Demokratie im Allgemeinen denken. In den acht Jahren seines Bestehens hat der Monitor turbulente Zeiten begleitet, die auch an unserer Demokratie nicht spurlos vorübergegangen sind. 
Die diesjährige repräsentative Befragung von 2.005 Menschen fand im Herbst mittels Telefon- und Online-Interviews statt. Die Ergebnisse wurden am 10.12. im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert. 

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Zufriedenheit mit dem politischen System gesunken

Derzeit denken 35% der Menschen, dass das politische System in Österreich gut funktioniert – das sind um sieben Prozentpunkte weniger als vor zwölf Monaten (43%). 

• Ein Jahr nach der Nationalratswahl ist die Zufriedenheit damit wieder auf ihren bislang tiefsten Wert aus dem Jahr 2022 (34%) zurückgefallen, nachdem sie sich 2023 und 2024 etwas erholt hatte. 

Der Blick zurück an den Beginn des Monitors verdeutlicht außerdem: 2018 waren mit 64% beinahe doppelt so viele Menschen von der Funktionsweise des politischen Systems überzeugt.

Weiterhin hohes Vertrauen in die Regeln & Praktiken der Demokratie

Der im Zeitverlauf zu beobachtende Vertrauensverlust betrifft nicht das gesamte politische System. Mit jenen Institutionen und Praktiken, die staatliches Handeln verlässlich machen und individuelle Rechte gewährleisten, sind die Menschen nach wie vor zufrieden: 

• Der Verwaltung vertrauen derzeit 60%, den Gerichten 64% und der Polizei 73% – das sind ebenso viele wie 2018.
• Für das Prozedere der Gesetzgebung gilt ähnliches: Über die Jahre hinweg sind jeweils rund drei Viertel (aktuell: 76%) der Menschen in Österreich davon überzeugt, dass unsere Gesetze regelkonform zustande kommen.
• Auch dem Verfassungsgerichtshof als oberstem Hüter dieser Gesetze vertrauen konstant rund vier Fünftel (aktuell: 79%).

Jedoch Zweifel an Repräsentation & Mitsprache

Demokratie ist mehr als ein verlässliches Regelwerk – sie beinhaltet auch das Versprechen, dass die eigenen politischen Anliegen gehört und bei wichtigen Entscheidungen mitberücksichtigt werden. In eben diesem Zusammenhang ist über die vergangenen Jahre hinweg eine Lücke entstanden. 

• So sahen sich 2018 noch 61% der Menschen im Parlament gut vertreten, derzeit sind es mit 31% nur noch halb so viele.
• Parallel dazu haben all jene Institutionen und Akteur:innen an Vertrauen verloren, die von den Bürger:innen zur Vertretung ihrer politischen Anliegen gewählt werden. 

Im Jahresvergleich ist das Vertrauen im mittleren & oberen Drittel gesunken

Die Zufriedenheit mit dem politischen System wird nach wie vor am stärksten durch die finanzielle Lage bestimmt: Derzeit denken 50% der Menschen im oberen und 38% der Menschen im mittleren Drittel, dass unser politisches System gut funktioniert – im unteren Drittel sind es im Vergleich dazu nur 19%.  
Der Zeitverlauf verweist hierbei auf zwei unterschiedliche Entwicklungen:

• Im mittleren und oberen Drittel hat sich die Zufriedenheit von 2020 auf 2022 halbiert und ist  in den beiden darauffolgenden Jahren deutlich angestiegen. Dieser positive Trend hat sich in den vergangenen zwölf Monaten wieder umgekehrt: In beiden Gruppen ist die Zufriedenheit mit dem politischen System um jeweils rund zehn Prozentpunkte gefallen.  
• Im unteren Drittel fällt die Zufriedenheit über alle Erhebungsjahre hinweg geringer aus, sie schwankt weniger entlang aktueller Ereignisse und sinkt seit 2020 kontinuier-lich. So dachten 2020 noch 43% der Menschen im unteren Drittel, dass das politische System gut funktioniert, inzwischen sind es nur mehr 19%.

Die Teuerung drückt das Vertrauen in das politische System

In Zusammenhang mit finanzieller Sicherheit bestimmt die nach wie vor hohe Inflation die Lebensrealitäten vieler Menschen: 

• In den vergangenen zwölf Monaten musste knapp die Hälfte (47%) beim Lebensmitteleinkauf einsparen und mehr als ein Drittel (36%) musste wegen der Teuerung auf Erspartes zurückgreifen oder sich Geld leihen. 

Sind die Menschen von diesen und ähnlichen Auswirkungen der Teuerung betroffen, fällt ihre Zufriedenheit mit dem politischen System geringer aus.
Zu den bereits notwendigen Einschränkungen hinzu kommt die Sorge, den eigenen Lebensstandard künftig nicht mehr halten zu können. 

• Diese ist im mittleren Drittel am stärksten ausgeprägt (68% im Vergleich zu 54% im unteren und 18% im oberen Drittel) und wirkt sich ebenfalls negativ auf das Vertrauen der Menschen in das politische System aus. 

Das demokratische Bewusstsein bleibt über die Jahre hinweg stabil

Während die Zufriedenheit mit dem politischen System Schwankungen unterliegt, verändert sich die Haltung der Menschen zur Demokratie im Zeitverlauf nicht.

• So denken derzeit 89% der Menschen, dass die Demokratie die beste Staatsform ist – das sind ebenso viele wie in den Jahren zuvor.
• Der gegenteiligen Ansicht – dass es einen starken Führer geben sollte, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss, stimmen aktuell 20% zu. Abgesehen von einem vorübergehenden Anstieg im Jahr 2022 bleibt auch dieser Wert über die Zeit hinweg konstant. 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das demokratische Bewusstsein in Österreich Luft nach oben hat, es jedoch keine Hinweise darauf gibt, dass die Demokratie seit 2018 an Zustimmung verloren oder eine Diktatur Anhänger:innen gewonnen hätte. 

Mehr – nicht weniger Demokratie 

Angesichts wieder zunehmender Unzufriedenheiten und der aufgezeigten Repräsentationslücke setzt die Mehrzahl der Menschen auf eine Stärkung demokratischer Verfahren: 

• 64% sprechen sich für einen Ausbau der Beteiligungsmöglichkeiten aus, wobei Volksbegeh-ren weniger Zustimmung erhalten als Dialogverfahren, die eine tiefergehende Auseinander-setzung mit Themen ermöglichen.
• Davon unabhängig sind aus Sicht der Bevölkerung wichtige politische Entscheidungen im Parlament zu treffen (78%), dessen Rechte in ihrer derzeitigen Form erhalten (54%) oder ausgeweitet (37%) werden sollen. 

Der Österreichische Demokratie Monitor wurde 2018 von FORESIGHT ins Leben gerufen und wird seitdem einmal pro Jahr erhoben. Er gibt Auskunft darüber, wie die Menschen zur Demokratie im Allgemeinen und zum politischen System in Österreich stehen. Neben der jährlichen Bestandsaufnahme berichtet der Monitor außerdem über Veränderungen im Zeitverlauf.  
Mehr: demokratiemonitor.at